Freitag, 29. Februar 2008

Class Lukas 3. Patenbrief Feb. 08

Claas Lukas Suermann
Manila/Philippinen Patenbrief Nr. 3
Februar 2008

Freiheit (für die angeketteten Füße)

Der Fisch liegt in den Fangnetzen,
in Asche geworfen, gehäutet.
Vom ungeschickten Trunkenbold ins Adobo* gestückelt,
sind Kopf und Schwanz zum festlichen Hundefutter bereitet.

Die angeketteten Füße sind von einer Axt zerschlagen,
gezwungen eiserne Absätze zu tragen,
wegen der fehlenden Schläge des verständnislosen Schusters,
wenn auch unbesohlt, laufen sie durch die Dornen.

Das einzige Licht: Die Träne einer Kerze,
durchnässt in Decken, die in Strömen triefen.
Die Wärme schwindet vor lauter Atem
und das Feuer schwächet in der Kälte.

Verloren in den Armen der Leitpfosten,
der kaputten Lastwagen und zersplitterten Spiegel,
Abgase von einem schrotten Auto einatmend,
für die Nacht bestimmt.

Die scheinenden Teller brechen.
Keine Bindung kann die Wunden schließen.
Keine Säuberung kann die Risse unsichtbar machen.
Ungebraucht werden die Teller in ihrem Bruch,
obwohl immer noch nützlich,
durch silberne Platten ersetzt.

Die Hand reicht vom Grabmal zum Himmel
und vergeltendes Licht in das trockene Land,
wo die Sonne nach dem Biest sucht!


Edgar N. Maligaya N96P - 1910

* Adobo ist ein philippinisches Fleischgericht
Liebe Familie, Freunde und Bekannte,

Liebe Paten,

genauso überraschend und unvorbereitet wie für Sie/euch nun dieses Gedicht am Anfang meines dritten Patenbriefes steht, ohne jegliche Anrede und Einführung ins Thema, hatte es auch damals vor elf Jahren den Autor des Gedichts getroffen, als ihn die Polizei unschuldig von der Straße gefasst hatte. Edgar N. Maligaya wurde damals zur Todesstrafe verurteilt. Er ist Insasse im Muntinlupa Gefängnis und die Nummer hinter seinem Namen seine „neue Identität“ (s. Gedicht). Mit dem Gedicht drückt er seine Empfindungen und sein Leid aus. Es ist eine Art Klagelied eines Opfers der hiesigen Justiz. Nach einer kurzen und allgemeinen Einleitung, in der ich unsere Apostolate im Muntinlupa- und im Navotas-Gefängnis vorstelle, werde ich mehr von Edgars Schicksal berichten und auch einige Stellen aus dem Gedicht näher erläutern.

Einmal im Monat besuchen wir die Gefangenen im Muntinlupa- und im Navotas-Gefängnis. Während Muntinlupa für schwere Fälle bestimmt ist, dient das Navotas-Gefängnis eher der Untersuchungshaft und dem Vollzug kleinerer Strafen. Diese Apostolate sind für uns von enormer Wichtigkeit, da wir förmlich die Freude unserer Freunde mitfühlen, wenn wir zu Besuch kommen. Sie haben die Möglichkeit, sich uns zu öffnen und ihr Leid zu klagen, aber vor allem ein paar Stunden einfacher Liebe, in denen sie mal vergessen können, dass sie im Gefängnis sind.

Das Muntinlupa-Gefängnis ist ein sehr bekanntes auf den Philippinen. Es ist ein Männergefängnis und hat einen Minimum- und einen Maximum-Trakt. Wir gehen in den Maximum-Trakt. Nur solche, die zum Tode oder zu Lebenslang verurteilt wurden, sind hier untergebracht. Unter ihnen auch Edgar und seine Freunde Benni, Abdul, Philipp und Ronald. Am meisten geschockt und zugleich beeindruckt hat mich das Schicksal und der Fall Edgars. Auf dem Weg zur Kirche wurde Edgar unter einem Vorwand von der Polizei ins Auto gebeten. Sie sagten ihm, dass er bei der Aufklärung eines Falles behilflich sein könnte. Aus Respekt folgte er den Polizisten, wenn auch unwissend und verwirrt, zum Auto. Zu spät! Edgar war in die Falle der Polizei getappt. Auf dem Weg durch die Dunkelheit (vgl.4.Strophe d. Gedichts) führte ihn die Polizei in ein abgelegenes Hotelzimmer, in dem er mittels einer Plastiktüte über dem Kopf gefoltert wurde, bis er einen Mord gestand, den er nie begangen hatte, Geschweige denn, dass er auch nur ein kleinstes Detail des Mordfalles kannte. Innerhalb eines Monats bekam er sein schriftliches Urteil: TODESSTRAFE. Im Gedicht drückt er seine Geschichte durch viele Bilder und Symbole aus. Er selbst personifiziert sich als unschuldigen Fisch, der durch polizeiliche Willkür als falsche Zutat in das Fleischgericht geworfen wurde. Ohne Chance auf ein faires Gerichtsverfahren (fehlenden Schläge des verständnislosen Schusters) wurde er zu den anderen Gefangenen in eine überfüllte Zelle (Wärme schwindet vor lauter Atem) gebracht. Alles was er sich als junger energischer Mensch (scheinenden Teller,(...) immer noch nützlich) vorgenommen hatte, war auf einmal wie verpufft. Umso schöner ist heute mit anzusehen, dass Edgar N. Maligaya sich aus vollkommender Glaubensüberzeugung ganz in Gottes Hände fallen lässt (Die Hand reicht vom Grabmal zum Himmel). Unglaublich schön, wie ich finde! Als ich das letzte Mal mit ihm sprach, fragte er mich plötzlich nach einem Zettel und schrieb mir Folgendes auf:

Eines Tages an meinem Gefängnisfenster kam ein Spatz zu mir und ich fragte ihn: „Wie fühlt sich dein Leben in Freiheit an?“ Er schüttelte den Kopf und antwortete mir: „Ich dachte, ich sei der Gefangene. Du hast immerhin die Möglichkeit zu beten und nur das Gebet kann dich befreien!“

Dies schreibt ein unschuldig Gefangener, der nur durch die vorübergehende Nicht-Vollstreckung der Todesstrafe noch am Leben ist (im Jahre 2001 wurde durch die Präsidentin Gloria Arroyo die Verabreichung der Todesspritze bis auf weiteres untersagt). Darüber hinaus sprudelt Edgar vor Lebensfreude und ist stolzer Familienvater mehrerer Kinder. Sein ältester Sohn ist 11 Jahre alt und seine jüngste Tochter 2 Jahre alt. Allesamt MADE IN PRISON wie er lächelnd bekennt. Frau und Kinder haben nämlich nicht nur die Möglichkeit zu einem normalen Besuch bei Tage, sondern können auch von Samstag auf Sonntag über Nacht bleiben. So war es Edgar dann möglich, während seiner Zeit in Muntinlupa für Nachwuchs zu sorgen.

Zusammen mit Benni leitet Edgar eine Gebetsgruppe. Die beiden sind ein gutes Team und scheinen nahezu unzertrennlich. Im Gegensatz zu Edgar ist Benni aufgrund eines von ihm begangenen Verbrechens in Muntinlupa. Zur Zeit als Benni beim großen Stromversorger Meralco arbeitete, entführte er zusammen mit einigen Arbeitskollegen jemanden aus der Chefetage. Unglücklicherweise tötete einer seiner Komplizen den Herrn, sodass auch Benni wegen gemeinschaftlichem Mord zum Tode verurteilt wurde. Heute allerdings bereut er die Entführung und ist nach nahezu 13 Jahren hinter Gittern ein guter Christ, der die guten Werte gerne an seine Mitinsassen in Form der Gebetsgruppe weitergeben möchte. Neben ihm ist in unserer monatlichen Runde noch Abdul. Ein Palästinenser und Moslem, der als Student auf die Philippinen gekommen war. Als er wieder zurück wollte, herrschte Krieg in seiner Heimat. Er konnte damals weder Kontakt zu seinen Eltern aufnehmen, die seine Geldquelle waren, noch nach Hause fliegen. Aus Geldnot hatte er sich zu einer Entführung entschlossen. Er entführte einen reichen Mann. Nach einigen Tagen ergriff ihn die Polizei und er landete im so schön genannten „Bureau of Corrections“ (Büro der Korrekturen). Die Geschichte von Philipp, der auch jedes Mal froh ist, wenn wir zu Besuch kommen, hatte ich bereits in meinem letzten Patenbrief geschildert. Sein guter Freund Ronald vervollständigt unsere gesellige Runde. Er schreibt für Philipp, der Analphabet ist, die Briefe, die wir an Sally weitergeben. Ronald sitzt ein, weil er eine Frau vergewaltigt hat.

Was auch immer in der Vergangenheit dieser Leute geschehen ist und wie brutal sie auch waren, ist für uns weniger von Interesse. Wir schauen vielmehr in die Gegenwart und geben Zeugnis, dass diese Menschen sich zum Positivem verändert haben. Sie alle hatten schon genug Zeit, um über ihr Leben und ihre Untaten nachzudenken. Edgar, Benni, Abdul, Philipp und Ronald sind bereit ihr Leben in Gottes Hände zu legen. Sie akzeptieren die Umstände und streben nach einem Leben in Glauben und Frieden. Sie leben mit 12000 weiteren Gefangenen an einem Ort, der nur für 4000 Menschen gedacht war. 210 Wächter, die sich drei Schichten teilen, könnten einem Aufstand im Ernstfall nicht Herr werden. Die Gruppe, mit der wir unseren monatlichen Besuch verbringen, sagt, dass niemand im Sinn hat auszubrechen. Das gesamte Gefängnis wird nämlich nicht wirklich von Wächtern, sondern von Banden regiert. Diese organisieren alles im kleinsten Detail. Seien es Schlafplätze für die Gefangenen, die gefängnisinternen Märkte, auf denen frisches Obst und Gemüse angeboten wird, Sportveranstaltungen, auf den Basketball- und Tennisfeldern, religiöse Aktivitäten in den Gotteshäusern verschiedener Religionen und Konfessionen, oder Kunst- und Musikveranstaltungen auf der mit Grünflächen bestückten Plaza, die als Mittel- und Treffpunkt des Gefängnisses gilt.

Ich denke hiermit wird deutlich, dass es an Freizeitangeboten nicht fehlt, wenn da nicht dieser eine Haken wäre: Geld! Nur wer Geld hat, kann gut überleben, denn ansonsten ist man auf die kleinen Gefängnisrationen und sogenannte „Drecksarbeiten“ angewiesen. Unsere Freunde sagen, dass sie mit dem normalen Essen allein hungern müssten. Daher kochen sie für sich selbst. Auf dem Markt gibt es ja alles zu finden! Obwohl Handys und Fotokameras verboten sind, haben doch einige Insassen zumindest ein Handy. Die Gefangenen schreiben eben ihre eigenen Gesetze und scheinbar ist das in Muntinlupa kein Problem, sondern verhilft eher zur Entspannung der gesamten Lage. Die Gefangenen haben nicht wirklich das Gefühl hinter Gittern zu sein, sondern eher in einer kleinen Stadt. Dank der Offenheit der Gefängnisleitung haben wir als Missionare Zugang zu allen Orten auf dem Gelände.
Neben Muntinlupa haben wir unser Apostolat im Navotas Gefängnis. Dieses ist bei weitem nicht so groß und auch nicht so gut organisiert. Im Gegenteil: Rund 400 Insassen, von denen ca. 40 Frauen sind, teilen sich sechs Zellen. Die Männer teilen sich vier Zellen, die je 32 Quadratmeter groß sind, und leben unter grausamen Bedingungen mit um die 90 Gefangenen in einer einzigen Zelle. Privatsphäre gibt es in keiner Sekunde. Ihr gesamtes Hab und Gut verstauen sie in einer kleinen Plastikbox (5 l Volumen). Die Insassen müssen bei Regenwetter in Pfützen schlafen und sind einer absolut unhygienischen Umgebung ausgesetzt. Im Gegensatz zu Muntinlupa geht es hier unmenschlich zu!

Wir besuchen den 24 Jahre alten Julius, der vor ca. drei Jahren ähnlich wie Edgar unschuldig von der Polizei auf der Straße aufgegriffen worden ist und nun des Mordes angeklagt in Untersuchungshaft sitzt. Sein Fall ist deshalb so erschreckend, da Julius selbst den Fall und den wahren Mörder kennt. Aber nicht nur er allein, sondern auch andere seiner Freunde wissen Bescheid. Julius gehörte nämlich einer Jugendbande an und einer seiner Freunde hatte diesen Mord begangen. Dieser ist jedoch der Sohn einer bekannten lokalen Politikerin, die unter allen Umständen versucht, einen anderen „Sündenbock“ für den Fall zu finden. Julius scheint der Leidtragende zu sein. Seine Hoffnung auf die Aussagen seiner Freunde, die den Mord gesehen haben, ist vergebens. Zu groß ist ihre Angst im Falle einer Aussage selbst Opfer zu werden. Julius kann und will diese Ungerechtigkeit nicht dulden. Dank der Bemühungen eines Wohltäters hat Julius die Chance auf einen „guten“ Anwalt und ein wirkliches Gerichtsverfahren. In den drei Jahren ist es nun zu sieben richterlichen Anhörungen gekommen, bei denen weder wichtige Zeugen noch der Arzt, der die Leiche obduzierte, erschienen sind. Es ist mir unverständlich, wie so etwas möglich ist. Während ich an der Justiz zweifele, sieht Julius dennoch alles positiv und ist sich gewiss der Auffassung, dass er nach der nächsten Anhörung freigesprochen wird, weil dann der Arzt aussagen werde und sich herausstellt, dass seine Fingerabdrücke nicht an dem Toten festzustellen sind. Julius´ Angaben nach habe sein Freund den Mord mit einem Metallstab, der mit einem Haken versehen war, begangen. Es ist unglaublich, wie klar die Fakten sind, und wie unklar doch die Wahrscheinlichkeit auf einen Freispruch. Selbst die Anwälte spielen ihre Rolle im Justizapparat und wagen aus Angst um ihre eigene Person nicht zu viel. Julius hofft und betet weiter, dass er nicht länger in Gefangenschaft verharren muss. Sein größter Wunsch momentan ist eine Freilassung noch vor April, denn dann schließt seine kleinere Schwester Indai ihr Studium zur Lehrerin ab. Auf der Feier dazu möchte Julius anwesend sein. Wir werden sehen...


Liebe Paten,

in diesem Patenbrief habe ich die Realität beschrieben, wie ich sie bei unseren Apostolaten in den beiden Gefängnissen erlebe. Nicht selten höre ich von hohen Politikern, die mit aller Macht versuchen, die Justiz zu beeinflussen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Polizei den vielen ungeklärten Mordfälle nicht nachkommen kann und durch die Festnahme Unschuldiger versucht, die Akten als erledigt bei Seite zu legen. Beliebte Opfer dieser Willkür sind Leute aus finanziell schwachen Verhältnissen, weil sie sich keine gute Verteidigung leisten können. Ich denke, dass Ihnen/euch diese Vorgehensweise der Justiz zu denken gibt. Um nicht daran zu verzweifeln, sollten wir im Vertrauen auf Gott das Wesentliche tun:
Lasst uns beten als Weg in die Freiheit!


Herzliche Grüße,


Claas Lukas Suermann

Class Lukas 2. Patenbrief Dez. 07


Point-Coeur Santa Clara
Claas Lukas Suermann
Manila/Philippinen Patenbrief Nr. 2
Dezember 2007
Liebe Familie, Freunde und Bekannte,

Liebe Paten,

in meinem zweiten Patenbrief gehe ich zum einen auf das Points-Coeur/Offenes Herz charakterisierende “Mit-Leiden, Mitempfinden” (zu frz. “compassion”) ein. Es soll euch/Ihnen helfen meine Tätigkeit hier besser zu verstehen. Zum anderen erläutere ich die Auffassung von Gerechtigkeit, im weltlichen aber vor allem im religösen Sinne.

Der Philosoph Jean-Jaques Rousseau sagt, dass das Mit-Leiden dem Menschen von Natur aus gegeben ist, also angeboren ist. Als Aufklärer schätzt er die Natur (des Menschen) und er verdeutlicht, dass der Mensch zum Zeitpunkt seiner Geburt noch frei von allen äußerlichen Einflüssen ist, aber mit der Zeit von der Gesellschaft, d.h. von seinem Umfeld schlechte Angewohnheiten annimmt. Den Akt des Mit-Leidens bringt Rousseau mit folgendem Zitat zum Ausdruck:

“Was Gerechtigkeit ist, lernt ein Kind an der Ungerechtigkeit, die ihm wiederfährt. Wenn es dann aufschreit, steh ihm bei! So wird ihm Gerechtigkeit wichtig.”

Ich versuche mir täglich diese Haltung neu zu verinnerlichen. Wann auch immer ein Kind weinend zu mir kommt, weil es entweder geschlagen wurde, ihm das Spielzeug weggenommen wurde oder es gar von den Eltern allein zu Hause gelassen wurde, will ich ihm dieser Beistand sein. Alle “Freunde der Kinder” versuchen diesen Kindern Liebe und Zuwendung zu schenken, so dass sie in solchen Momenten sicher sein können im Points-Coeur Haus Zuflucht zu finden. Leider ist unser Haus nicht für alle unsere Freunde erreichbar, weil viele zu weit entfernt wohnen, kein Geld haben oder nicht frei von ihrem Umfeld sind. Daher sind die Apostolate sehr wichtig, denn durch sie halten wir zu ihnen eine gute und enge Freundschaft aufrecht. Zudem lernen wir bei den Besuchen ihr gesamtes Umfeld kennen und zeigen mit unserer Anwesenheit in ihren Häusern, in ihren Elendsviertel, dass uns der Kontakt und vor allem die Freundschaft zu ihnen wichtig ist.

Ein großes Leiden hier auf den Philippinen ist die Auffassung von Gerechtigkeit. Die Bevölkerung leidet unter den enormen sozialen Unterschieden. Während auf der einen Seite der Stadt in Manila die (finanziell) Reichen in ihren Villen und Mansonen hausen, befinden sich auf der anderen Seite der Stadt die (finanziell) Armen und leben von einem Tag in den anderen ums Überleben kämpfend in ihren Blechhütten. Der Begriff der “sozialen Gerechtigkeit” wie wir ihn oft aus der Politik in Deutschland hören, ist den Leuten hier scheinbar völlig unbekannt. Den einen ist es gleichgültig,während sich die anderen machtlos nach einer sozialen Gleichheit sehnen.

Meine Aufgabe als Missionar ist es daher den Menschen Gottes Gerechtigkeit, nämlich Barmherzigkeit zu vermitteln. Mit Überzeugung der drei göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe
räumen die Menschen jeglichen sozialen Unterschied aus, weil unserer christlichen Überzeugung nach alle Menschen gleich sind, besser gesagt, für Gott von gleichem unermesslichen Wert sind. Der Glaube an Gott gibt den Menschen einen Halt, die Hoffnung auf das ewige Leben unterstützt sie, sich jeden Tag von neuem wieder aufzuraffen und an Gottes Gerechtigkeit zu glauben. Die Liebe lässt die Leute aufblühen. Dabei ist es nicht nur die Liebe zu Gott, sondern auch die Liebe zwischen Mann und Frau, die Liebe innerhalb einer Familie oder die Liebe zu Freunden. Der Mensch sehnt sich nach etwas!

Ich habe nun vieles versucht zu erklären, aber am besten kann man die Theorie durch Praxis verstehen. Aus diesem Grund gebe ich nun einige Beispiele aus meinem Alltag, d.h. von meinen praktischen Erfahrungen mit unseren Freunden.

Zunächst wird beim Empfangen der Kinder zu Hause im Point- Coeur Haus immer wieder deutlich, dass die Kinder Anweisungen brauchen, um den Sinn von Gerechtigkeit zu verstehen und vor allem auch danach zu handeln. Wie oft fällt mir auf, dass wenn eines der Kinder mit einem bestimmten Spielzeug spielt, ein anderes Kind auch mit dem gleichen spielen möchte und infolgedessen versucht es dem spielenden Kind wegzunehmen. Dann ist es wichtig einzuschreiten. Ich erkläre dann warum man nicht einfach dem anderen etwas wegnehmen darf und weise auf die anderen Spielzeuge hin. Um ehrlich zu sein muss ich schmunzeln bei dem was ich schreibe, da dies so banal klingt. Dennoch beginnt genau auf dieser tiefsten Ebene die Lehre der Gerechtigkeit. Wenn das Kind es mit dem Spielzeug nicht versteht, besteht die Gefahr, dass es als Erwachsener irgendwann eine größere Tat dieser Art begeht, die wir als Diebstahl bezeichnen. Ähnlich verhält es sich mit der Gewalt unter den Kindern. Wenn ich bei einer Rangelei nicht eingreife, um den Kindern deutlich zu machen, dass dies zu keiner Problemlösung verhilft, dann können sie nie begreifen, wie man friedlich miteinander umgeht. Vor allem die Kinder, die unter solchen Auseinandersetzungen zu leiden haben, brauchen Beistand und Trost, damit sie nicht meinen, dass Gewalt eine vernünftige und gerechte Lösung ist.

Ferner ist es sehr traurig zu sehen, dass die von mir bereits erwähnte soziale Gerechtigkeit noch erheblichen Entwicklungsbedarf erfordert. Das beste Beispiel ist das des neunjährigen Marc-Lowell, der gerne zur Schule gehen würde. Keine Schule kann ihn jedoch akzeptieren, da er keinerlei Dokumente hat, nicht einmal eine Geburtsurkunde. Im Klartext bedeutet dies, dass Marc-Lowell zwar lebt und ein Mensch wie jeder andere ist, aber keinerlei sozialen Ansprüche geltend machen kann, da er offiziell nicht existiert. Ich bin mir nicht sicher, ob das für unseren “westlichen Verstand” überhaupt nachzuvollziehen ist. Die Mutter hat einfach nicht die finanziellen Mittel und bestimmt auch nicht die nötige Aufklärung, um die Wichtigkeit dieses Dokuments zu schätzen. In diesem Kontext erinnere ich mich gerne an ein Zitat von Remy, die mit ihrer Familie am Fischereihafen auf zwei Holzpaletten unter einer Plane lebt: “Es ist ganz wichtig eine Geburtsurkunde zu haben. Ich bewahre die meiner Kinder im Haus meiner Cousine auf, da sie dort sicher aufbewahrt werden können.”

Ich möchte zudem noch ein Beispiel geben, bei dem Gerechtigkeit indirekt auch seine negativen Folgen haben kann. Nehmen wir das Beispiel von Philipp, dessen Familie sehr darunter leidet, dass er im Muntilupa Gefängnis sitzt. Zwar wurde er wohl zurecht zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, nachdem er seinen besten Freund bei einem Streit erstochen hat, doch ist es vielmehr seine ihn liebende Frau und ihre Kinder (nur eins der Kinder ist von ihm), die unter der Trennung leiden. Seine Frau heißt Sally und lebt auf der Müllhalde in Vitas mit einem neuen Freund, der 15 Jahre jünger ist als sie. Ihren Angaben nach liebt sie ihn nicht, sondern lebt mit ihm nur aus Sicherheitsgründen zusammen. Auf den Philippinen und gerade auf der Müllhalde in Vitas ist es sehr gefährlich als Frau alleine mit ihren Kindern zusammen zu wohnen. Bei einem Besuch haben wir von Sally einen Brief an ihren Mann Philipp bekommen, um ihm den Brief im Gefängnis zu überreichen. Da ihr neuer Freund von dem Brief und von ihrer immer noch bestehenden Liebe nichts erfahren darf, verlief die Briefübergabe heimlich ab. Während ich mit dem neuen Freund und seinen “Trinkbrüdern” redete, ging Olivier mit Sally langsam zur Blechhütte, um den Brief entgegen zu nehmen. Derweil spielten die Kinder ausgelassen im Müll und genossen den Regen, der auf sie herabprasselte, als Dusche, die sie sonst nicht haben. Ich weiß nicht inwieweit sie über die Situation ihrer Mutter Bescheid wissen. Wie sehr bedrückt die Kinder die gesamte Lage? Wenn die Kinder so frei und lachend herumlaufen, sehe ich ihren Kummer nicht. Ich möchte jedoch tiefer in ihre Seele blicken...

Im Weiteren gibt mir das Schicksal der elfjährigen Romelin vom Apostolat in Market Three schwer zu denken. Noch viel mehr, es lässt mein Herz bluten. Ich fühlte mich machtlos, als ich das letzte Mal ihre Familie besuchte. Das Mädchen lag schlafend zwischen ihren Eltern, ihren vier jüngeren Geschwistern und uns, bis sie nach einer kurzen Weile erwachte. Völlig übermüdet saß sie dann vor mir. Auf Nachfragen warum sie so müde sei, sagte man mir, dass sie neben der Schule (von 6-12 Uhr morgens) noch nachts von 22-2 Uhr zusammen mit ihrer Mutter Abfall sortiere. Die Familie sieht nach dem Arbeitsunfall des Vaters, bei dem er auf einem Auge blind wurde und arbeitsunfähig ist, keine andere Lösung. Sie wollen überleben. Der ehemalige Arbeitgeber des Vaters hilft nicht und verweigert Zahlungen. Eine soziale Absicherung oder Arbeitsverträge haben hier die wenigsten. Die Folge daraus im Fall Romelin ist Kinderarbeit! Sie sagte mir, dass es in Ordnung für sie sei, aber ihre Körpersprache offenbart mir das Gegenteil. Romelin ist psychisch und physisch überlastet. Vorher war sie ein fröhliches, freies, unschuldiges Mädchen, das nun plötzlich von der Grausamkeit des Lebens ergriffen wurde. Ich will ihr ein Halt sein und ihr durch meinen Beistand zeigen, dass es nicht recht ist, was ihr wiederfährt. An dieser Stelle sei noch gesagt, dass ihre Eltern Roel und Merly diese Kinderarbeit nur aus der Not heraus dulden. Sie legen wert darauf, dass Romelin zudem zur Schule geht. Wie lange kann das Mädchen aber zur Schule und zur Arbeit gehen?

Im 1. Johannesbrief (1 Joh 2,1) finden diese Kinder ihren Trost:

Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten

Am 28. Dezember feiern wir das Fest der Unschuldigen Kinder. Zu diesem Anlass bitte ich euch/Sie liebe Paten ganz besonders dieser Kinder zu gedenken und für sie zu beten.

Zuvor feiern wir noch die Geburt und das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus. Ich wünsche also allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!

Herzliche Grüße,

Claas Lukas Suermann

Class Lukas 1. Patenbrief Oktober 2007

Point-Coeur Santa Clara
Claas Lukas Suermann
Manila/Philippinen Patenbrief Nr. 1

Oktober 2007Liebe Familie, Freunde und Bekannte,

Liebe Paten,

“Haltet nicht nach großen Dingen Ausschau, tut einfach kleine Dinge mit großer Liebe...
Je kleiner die Sache ist, umso größer muss eure Liebe sein.”
(Mutter Teresa)

Mit diesen Worten beschreibt Mutter Teresa in ihrem Buch den Missionsauftrag, den sich Points-Coeur/Offenes Herz, d.h. den wir uns zu Herzen nehmen. In diesem Patenbrief möchte ich deutlich machen, dass ihr/Sie alle ein Teil meiner Mi
ssion seid/sind. Patenschaft bedeutet vor allem Verbundenheit und Anteilnahme. Daher freue ich mich sehr, dass ich im Folgenden meine ersten Eindrücke und Erlebnisse wiedergeben darf, sodass auch ihr/Sie in meiner Heimat den Weg mit mir gemeinsam gehen könnt/können.

Die ersten zwei Monate im Viertel Dagat Dagatan der Stadt Navotas im Nordwesten der Metropole Manila waren sehr ergreifend. Ich habe sowohl Höhen und Tiefen durchlebt, Momente purer Freude und tiefer Verzweiflung. Wenn ich nun hier sitze und entspannt meinen Patenbrief schreibe, mag ich kaum glauben, was mich vor kurzem noch in heller Aufruhe gehalten hat. Wir begegnen nahezu täglich tragischen Schicksalen und versuchen möglichst hilfreich zu sein. Ich habe mir oft die Frage gestellt: “
Was sollen wir nun tun? Gibt es denn gar keine Lösung?” Die Antwort habe ich dann letztendlich in den Worten Mutter Teresas gefunden, mit denen ich dieses Schreiben eröffnet habe.

Wir leben in der Gemeinschaft in einem Haus mitten im Elendsviertel und können somit rund um die Uhr im Dienste der Armen stehen. Jeder einzelne der Gemeinschaft hat spezielle Fähigkeiten, die er oder sie dem Ganzen beitragen kann.
 Es ist eine Besonderheit, dass wir eine multikulturelle Gemeinschaft sind. Wir sind insgesamt vier Mitglieder aus vier verschiedenen Ländern. Olivier, 30, kommt aus Indien und hat sein Priesterseminar beendet. Er wartet nun auf seine Priesterweihe und ist mein Zimmergenosse. Außerdem leben noch die Französin Pascale, 20, und Ulrike ,28, aus Italien mit uns zusammen. Pascale plant Lehrerin in einer Behindertenschule zu werden, und Ulrike ist bereits seit zwölf Jahren Krankenschwester. Eine vielversprechende Mischung also! Ich für meinen Teil möchte nach diesem Jahr ein Jurastudium beginnen und habe nun die Möglichkeit vor Ort im Bereich der Menschenrechte erste Erfahrungen zu samm
eln. Ich bemühe mich jedem Menschen, der mir begegnet mit offenem Herzen entgegenzutreten.

Oft kommen Kinder zu uns, damit wir mit i
hnen reden, aber vor allem, damit wir ihnen zuhören. Unsere Krankenschwester hat 24 Stunden Bereitschaftsdienst, denn häufig kommen Nachbarn, um sich ihre kleinen oder auch größeren Wunden verarzten zu lassen. Wir anderen dürfen natürlich auch manchmal Doktor spielen. Soweit dies möglich ist.
Ferner pflegen wir die Tradition, an Geburtstage
n unserer Freunde ein besonderes Abendessen zu kochen. An solchen Tagen gibt es für das Geburtstagskind und zwei seiner Freunde Spaghetti. Besonders die Kinder mögen dies sehr gern und wir freuen uns auch bei solchen Essen einmal ganz persönliche Zeit mit den jeweiligen Gästen zu verbringen. Ansonsten ist es nämlich schwierig, da immer viele Kinder und Jugendliche um uns herum sind.
Im Weiteren werde ich eine kurze Beschreibung eines regulären Tagesablaufs geben:

6:30 Uhr: Aufstehen, manchmal auch etwas später =)

7:00 Uhr: Morgengebet

7:30 Uhr: Frühstück
8:30 - 12:30 Uhr: In diesem Zeitraum steht jedem eine individuelle Gestaltung des Morgenprogramms frei. In der Regel hat die Anbetung dort ihren festen Platz. Andere Dinge sind wahlweise Wäsche waschen, Kochen, Putzen, Visumsangelegenheiten lösen, Lesen, Internet oder unvorhergesehene Besuche.
14:30 Uhr: Rosenkranzgebet mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsen, die gerne kommen.
Im Anschluss daran teilen wir vier uns in zwei Gruppen auf. Zwei von uns bleiben Zuhause und spielen mit den Kindern und die anderen beiden gehen oder fahren zu den verschiedenen Apostolaten, den Besuchen außerhalb.
18:00 Uhr: Messe in unserer Pfarrei San Lorenzo Ruiz
19:30 Uhr: Abendgebet

20:00 Uhr: Abendessen; oft helfen uns Kinder beim Zubereiten

21:30 Uhr: Tagesabschlussgebet mit anschließender Anbetung
Ich persönlich nutze die Zeit in den späten Abendstunden, um mich von dem hartnäckigen Schmutz zu befreien. Aufgrund der vielen Abgase und des ständigen Regens, sowie dem damit verbundenen Pfützen, ist eine Abenddusche nahezu unausweichlich. Meist schließe ich meinen Tag mit einer Lektüre ab, sodass ich gewöhnlich erst nach Anbruch des nächsten Tages zu Bett gehe.
Anhand der fett-kursiv-gedruckten Worte wird unser wichtigster Bestandteil der Mission deutlich, d.h. das treue Gebetsleben. Mittels diesem soll uns die nötige Kraft für unsere Wort- und Tatverkündigung dem Beispiel Jesu nach gegeben werden. Konkret heißt dies, dass wir den Menschen, unseren Freunden sowohl mit unseren einfühlsamen, tröstenden Worten als auch mit unserem Wirken bei Seite stehen. Am besten kann man dies verstehen, sobal
d man sich einige reelle Beispiele aus den Apostolaten zu Gemüte führt.

Die Apostolate finden gewöhnlich am Nachmittag statt. Nur unser Apostolat am Fi
schereihafen ist auf den Abend festgelegt. Die meisten unserer Apostolate führen wir wöchentlich einmal durch. Ein Apostolat ist ein Besuch in diversen Familien des jeweiligen Viertels. In dieser Zeit versuchen wir durch unsere einfache Gegenwart, Freude bei unseren Freunden zu erzeugen. Wir wollen Ihnen die Möglichkeit geben, ausgelassen zu kommunizieren und sind bereit sowohl Freude als auch Leid 
mit ihnen zu teilen. Es ist eine seelsorgerische Tätigkeit, die sich in unseren Apostolaten äußert. Dies bezeichnen wir in unserem Werk als “Mit-Leiden”, eine Geste der einfachen Liebe und Zuwendung. In den folgenden Zeilen findet ihr/finden Sie eine Auflistung der einzelnen Apostolate:
Looban: hier besuchen wir jeden Sonntagnachmittag unsere Nachbarn. Viele nutzen den Sonntag allerdings nicht um ihn im Kreise der Familie in Ruhe zu genießen, sondern eher um mit Freunden Bier oder Branntwein zu trinken.
Tabinilog: Ein Viertel entlang des ins Meer mündenden Flusses, das daher oft unter der Flut zu leiden hat. Zudem befindet sich dort auch unser Markt, von dem wir unsere täglichen Speisen frisch einkaufen. Eine besondere Freude war die Hochzeit unserer Gemüsehändler, die nachdem sie elf Jahre zusammen leben und drei Töchter haben, geheiratet haben. Die Hochzeit war morgens und am Abend standen sie schon wieder auf dem Markt und haben Gemüse verkauft.
Market Three: Ein Slum ganz nah am Hafen mit vielen Familien, die in ihren kleinen Blech- und Holzhütten hausen und sich durch den Schlamm von A nach B bewegen. Es wimmelt hier nur so vor Mücken und ich frage mich, wie doch so viele Bewohner gesund sein können. Lichtblicke in dem Viertel sind Indai, eine junge Frau, die sehr intelligent ist und mit einem Stipendium von der Pfarrei zur Lehrerin ausgebildet wird. Oder die kleine achtjährige Mary-Joy, die nun endlich nach vielen Jahren das Laufen gelernt hat, weil sie nie aufgegeben hat, gegen ihre Gleichgewichtsstörung und Behinderung zu kämpfen.
Marcello: Ein semilegales Hüttenviertel, dass in naher Zukunft aufgrund eines Straßenbaus dem Erdboden gleich gemacht werden soll. Auch hier findet man viele Beispiele, die nennenswert sind. Da wären der kleine Behinderte Christopher, der oft krampft und von dessen Gesicht dennoch oft ein strahlendes Lächeln zu vernehmen ist, oder der schon ältere Herr Eddy, der eins seiner Beine verloren hat, und dem Points-Coeur zu einer Prothese verholfen hat. Er lebt alleine mit seiner Frau und gemeinsam verdienen sie sich ihren Lebensunterhalt durchs Müllsammeln, den sie anschließend wieder verkaufen.Vitas: Auf dieser Müllhalde leben rund 5000 Menschen. Hier habe ich wohl so viele Kinder gesehen, wie noch nie zuvor in meinem Leben an einem Ort. Sie spielen mit Barfuß im Müll und denken nicht einmal daran sich zu ekeln, während wir mit unseren Gummistiefeln unsere Besuche abstatten.

Unter der Brücke: wie man den Worten schon entnehmen kann, wohnen die Menschen hier unter einer Brücke. Sie haben ihre Holzkonstruktionen mit Seilen an der Brücke befestigt. Bei Hochwasser oder großer Hitze schlafen sie auf der Brücke. Die meisten von ihnen sind Fischer und freuen sich wenn sie uns mit aufs Meer nehmen dürfen, damit wir Anteil an ihrer Arbeit haben und sie uns mit einem Wellenritt Spaß verschaffen können.

Fischereihafen: Auf dem Weg zum Fischereihafen gewinnen wir wöchentlich neue Eindrücke. Wir sehen Leute, die mit Dreirädern die schönsten und buntesten Fische zu ihren Marktständen transportieren. Leute, die einzelne Fische auf der Straße verkaufen. Kinder, für die wir eine Attraktion sind und für die ein Treffen mit uns von großer Bedeutung ist; die sich freuen, wenn wir mit ihnen ein Lied singen oder sie uns ihre Englischkenntnisse präsentieren dürfen. Zudem sieht man hier am Straßenrande nicht selten Frauen, die ihre Dienste anbieten. Die Behausungen der Menschen sind aus Holz und ihr Dach ist oft nichts anderes als eine einfache Plane.

Tayuman: Jeden Dienstagnachmittag gehen wir zu den Missionaries of Charity, vielleicht besser bekannt als die Schwestern von Mutter Teresa, um dort ihr Kinderheim zu besuchen und Momente der Freude mit den Kindern zu haben. Die ganz Kleinen füttern wir und mit den etwas älteren Kindern spielen wir. Alle Kinder, die dort sind, waren einmal so krank, dass ihre Eltern es bevorzugt haben, sie den Schwestern zur Pflege zu überlassen.
Darüber hinaus bieten die Schwestern auch einen Medikamentendienst an, d.h. dass man mit bestimmten Rezepten vom Arzt und fehlenden finanziellen Mitteln dort kostenlos Medikamente erhält. Oft begleiten wir einige unserer Freunde dorthin. Besonders wichtig ist dieser Dienst der Schwestern für Tuberkuloseerkrankte, deren medizinische Behandlung bis zu sechs Monaten dauert. Die Schwestern haben ebenfalls ein Seniorenheim, in dem ich persönlich aber noch nicht war. Vielleicht gibt es darüber in Zukunft zu berichten.

Das waren die Apostolate, die wir gewöhnlich wöchentlich machen. Nun folgen noch weitere:

Obdachlose: Gelegentlich besuchen wir Obdachlose, die im Touristenviertel Malate auf der Straße leben und sich durch den Verkauf kleiner Waren ernähren. Eine Philippinin namens Jane, die ehrenamtlich für Points-Coeur/Offenes Herz tätig ist, stattet ihnen regelmäßige Besuche ab und sorgt für ihr gesundheitliches Wohl.

Muntinlupa Jail: Ein Gefängnis für Schwerverbrecher. Bis 2001 wurde hier auch noch die Todesspritze verabreicht. Einmal im Monat besuchen wir die Gefangenen und verbringen den Nachmittag hinter Gittern. Ich war bisher einmal dort und war recht positiv überrascht. Zwar klagten die Gefangenen über Folter und Mangel an Essen, jedoch war zumindest der Innenhof mit vielen Grünflächen und Freizeitmöglichkeiten gut gestaltet. Zudem hatte so ziemlich jede Konfession ihr eigenes Gotteshaus. Die Gefangenen haben sich über unseren Besuch gefreut und ob nun Mörder, Entführer oder Erpresser, wir sind alle Menschen und Gott liebt jeden einzelnen von uns gleichermaßen.

Es gibt noch ein Apostolat im Gefängnis von Navotas, das ich noch nicht kenne. Dort sollen die Begebenheiten für die Insassen unmenschlich sein. Mehr dazu später...

Bei all diesen Aktivitäten braucht auch ein Missionar mal eine Pause. Diese haben wir von Montagmittag bis Dienstagmittag bei dem irischen Orden der Columban Fathers. Hier können wir einen Tag in der Woche entspannen, mit anderen Missionaren reden und für einen Tag Dagat Dagatan und den Fischgeruch hinter uns lassen.

Anbei findet ihr/finden Sie noch zwei Fotos. Eins davon ist auf der Müllhalde in Vitas und das andere im Empfangsraum bei uns Zuhause, in dem wir mit den Kindern am Nachmittag beten und spielen.

Ich hoffe, dass ihr/Sie die ersten Informationen mit Freude aufgenommen habt/haben. In weiteren Briefen gibt es dann ausführlichere Informationen zu einzelnen Aspekten der Mission, des Gebetslebens, der Apostolate und anderer interessanten Informationen im Bezug auf die philippinische Kultur.

Abschließend danke ich euch/Ihnen für jede Art von Beistand und verbleibe mit einem herzlichen Gruß an die Heimat.

Im treuen Gebet und Gedanken verbunden,
Claas Lukas Suermann
PS: Ich freue mich auch über Rückfragen: ClaasLukas@gmx.de